Sattlers Vogelkunde Folge 1
Diese naturnahen Gedichte entstammen
einem Manuskript, das neben den poetischen Gedanken auch ornithologische
Beschreibungen und ein Bild des jeweiligen Vogels enthält.
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Copyright by Gert Sattler, Recklinghausen; Nachdruck für Privatzwecke möglich -
Kiebitze
Ein "Kiwit" hört man
sommerwärts
auf feuchtem Wiesenland,
der Kiebitz ist durch seinen Ruf
von alters her bekannt.
Sein Flug ist unberechenbar
als tanz' er einen Twist,
er stellt zur Brutzeit jeden Feind,
auch den, der größer ist.
Die Kiebitzeier sind begehrt,
man sagt, sie schmeckten gut,
ein Kiebitz greift auch Menschen an
zum Schutze seiner Brut.
Charakteristisch ist bei ihm
ein langer dünner Schopf,
er trägt ihn kühn, den Federbusch,
an seinem Hinterkopf.
*
Fischadler
Am Morgen, wenn der Tag erwacht,
des Adlers Schrei die Runde macht,
er streicht von seinem Kronenhorst
und grüßt das Feld, die Flur, den Forst
Er fliegt zum Wolkensaum empor
von Bruch zu Bruch, von Moor zu Moor,
von Fluß zu Fluß, von See zu See
im Sommer und im Winterschnee.
Er liebt die Küste, liebt das Meer,
als Nahrung mag er Fische sehr,
er schlägt sie schnell und resolut,
bei seinem Sturz in jede Flut.
Weil seine Kraft die Beute schlägt
manch' Volk sein Bild im Wappen trägt,
sein stolzer Flug ist unschlagbar:
Im Reich der Lüfte herrscht der Aar.
*
Die Goldammer
Die Ammer ist ein Finkenvogel
in gelb und grün und braun,
verwandt mit Dompfaff, Spatz und Zeisig,
bewältigt sie des Winters Reisig
und hat zum Lenz Vertrau'n.
Man sagt, sie sei ein schlechter Sänger;
doch schaut sie goldig aus,
in ihrem gelben Federkleide
da wird ihr Anblick Augenweide
gleich hinterm Gartenhaus.
Die Ammer nistet auf dem Boden
und füllt ihr Nest mit Gold.
Sie singt nur schwache Frühlingslieder
und ihr Gesang ist leis' und bieder;
doch Herzen sind ihr hold.
*
Elstern
Die Elster ist ein schmucker Vogel
in schwarz und weiß und leuchtend blau,
man sagt, sie mag, was glänzt und
glitzert,
doch weiß man das nicht so genau.
Bemerkenswert sind ihre Federn
am körperlangen Vogelschwanz,
sie schweben wie die Kleiderschleppe
der Braut bei ihrem Hochzeitstanz.
Sie schützt das Nest, das kugelrunde,
mit Dorngestrüpp für ihre Brut,
am Eingangsloch, versteckt und seitlich,
da füttert sie die Jungen gut.
Die Elster ist ein Allesfresser,
sie frißt auch Aas und jede Maus,
sie mag Insekten, Körner, Beeren
und plündert fremde Nester aus.
*
Der Kleiber
Sein Kopf auch mal nach unten hängt,
weil's ihn zur Akrobatik drängt,
er kann kopfunter klettern
an Stämmen zwischen Blättern.
Der Laubwald ist sein Lieblingsreich,
die Eichen sind es, Eich an Eich;
doch mag er auch die Rinden
von Buchen oder Linden.
Insekten klaubt er überall
und Borkenlarven sind sein Fall,
er flötet wie die Meisen
beliebte Mozartweisen.
Es führt ein Loch ins Nest hinein
mit Lehm verschmiert, er klebt es klein,
so schützt er Brut und Leiber,
der Lehm macht ihn zum Kleiber.
*
Kolibris
Ein Edelstein der Lüfte,
das ist der Kolibri,
er schimmert und er schillert
wie Lapislazuli.
Der kleinste dieser Vögel
vom großen Segler-Stamm,
der hat nur Hummelgröße,
er wiegt im Schnitt zwei Gramm.
Mit seinem langen Schnabel
da saugt er Blüten aus,
Insekten in den Blüten
gehören auch zum Schmaus.
Er ist ein Ass im Fliegen,
beherrscht den Rüttelflug
und kriegt vom Honigsaugen
der Flora nie genug.
*
Eulen
Keine Fremde in der Nacht
ist die Schleiereule,
wenn sie nächtens Beute
schlägt ohne Kampfgeheule.
Unbemerkbar ist ihr Flug,
seidig ihr Gefieder,
fast geräuschlos gleitet sie
bis zum Boden nieder.
Aug' und Ohren sind geschärft
auch bei Finsternissen,
jede Maus, ob groß, ob klein,
stirbt als Leckerbissen.
Eulen sind durch Federflaum
schleierhaft gesichtet,
ihre Augen, groß und starr,
sind nach vorn gerichtet.
*
Amseln
Die Primadonna des Gesanges
im Reich der Vögel, Schall um Schall,
die Liederfee des Überschwanges,
das ist zur Nacht die Nachtigall.
Sie ist beliebt im Kreis der Dichter,
ihr Sang ist süß wie Honigseim,
die Amsel ist ein Reimvernichter,
auf Amseln gibt es keinen Reim.,
Doch nennt der Volksmund Amseln Merle,
erhält man Verse zart und weich,
der Ruf der Merle wird zur Perle:
dem Lied der Philomele gleich.
Die Merle flötet auch bei Regen
und morgens, wenn der Tag erwacht,
die scheue Nachtigall dagegen,
die singt nur heimlich in der Nacht.
*
Buchfinken
Hört man früh ein Pink-pink-pink,
ruft bestimmt ein kleiner Fink,
Männchen schmettern noch vor Tag
Pink-pink-pink mit hellem
Schlag.
Wunderschön zur Frühlingszeit
ist ihr buntes Federkleid,
schieferblau und rot und braun,
schwarzweißgelblich anzuschau'n.
Ob im Garten, ob im Park,
Finkenrufe ohne Arg
fangen durch ihr Pink allein
alle Buchfinkweibchen ein.
Im Geäst von Buchen paart
sich der Fink auf Finkenart,
deshalb wird er kurzerhand
Buchfink auf der Welt genannt.
*
Kraniche
Übers Meer mit seinen Wogen
kommt des Kranichs Schar gezogen,
langgestreckt und elegant
wirft sie
Schatten in den Sand,
Grus,
Grus, Grus,
to
Hus öss doch to Hus.
Wenn die Ackerflächen grünen
fliegt der Kranich über Dünen
zielbewußt nach Ost' und Nord'
hin zum angestammten Ort,
Grus,
Grus, Grus,
to
Hus öss doch to Hus.
Jeder Kranich liebt die Brüche
und der Pflanzen Wohlgerüche,
Wald und Weiher, Sumpf und Moor,
feierlich erklingt der Chor,
Grus,
Grus, Grus,
to
Hus öss doch to Hus.
*
Möwen
Möwenschwärme lieben Inseln,
Dünenfelder, Küstenstrand;
denn am Meer sind sie zu Hause,
sturmerprobt in Braus und Brand.
Ob bei Regen oder Kälte,
ob im hellen Sonnenschein:
Möwen sieht man oft in Scharen;
denn gesellig ist ihr Sein.
Röhricht, Binsen, Schilf und Bulte
sind der Standort für ihr Nest,
auch auf sich'rem Uferboden
feiern sie ihr Hochzeitsfest.
Möwen sind gewandte Segler
und erscheinen meist im Heer,
ihren Schrei am lichten Tage
hört man überall am Meer.
*
Schwalben
Die Schwalbe fliegt im Herbste fort
und kehrt im Frühjahr wieder,
sie baut in Menschennäh' ihr Nest
und zwitschert Frühlingslieder.
Es freu'n sich alle, jung und alt,
besonders jeder Bauer,
sie baut ihr Nest gleich unterm Dach
an windgeschützter Mauer.
Sie trinkt im Flug und frißt im Flug
die Fliegen und die Mücken
und nimmt ein Wasserbad im Flug
für ihren schlanken Rücken.
Und fliegt sie tief, dann weiß man
schon,
der Tag bringt trübes Wetter,
und fliegt sie hoch erscheint alsbald
die Sonne als Erretter.
*
Das Rotkehlchen
Ein kleiner
Vogel, rotgekehlt,
der machte einst
sein Nest,
an Bodenhöhlen
hat's gefehlt,
in einer Röhre
fest.
In dieser Röhre
an der Wand,
bestimmt fürs
Zeitungsblatt,
da schuf er
jenen Fortbestand,
der rote
Kehlchen hat.
Es legte nun die
Frau der Press'
die Zeitung vor
die Tür,
den Hausbesitzer
freute es,
er dankte ihr
dafür.
Doch eines
schönen Tags im Mai,
da zog der
Nachwuchs aus,
die Röhre wurde
wieder frei
fürs
Zeitungsblatt am Haus.
*
Meisen
Dieser Vogel, klein und zäh,
ruft auch winters zizidä,
geht nicht auf die große Reise,
sondern flötet laut und leise.
Tannen-, Hauben-, Weiden-, Kohl-
Meisen fühl'n sich pudelwohl,
suchen eifrig nach versteckten
Eiern, Larven und Insekten‑
Nonnen-, Beutel-, Blau- und Schwanz-
Meisen sind im Jahreskranz
überall im Land zu finden,
auch wenn Sommertage schwinden.
Meisen gibt's in jeder Stadt,
die noch Parks und Gärten hat,
keinen Horst und keinen Kogel
braucht der flinke Klettervogel.
*
Zaunkönige
Er liebt Gestrüpp und liebt Genist,
das möglichst nah am Wasser ist,
und baut sich gern ein Kugelnest
mit Seiteneingang, wetterfest.
Er ist zwar klein, doch singt er laut,
als wär' die Welt ihm anvertraut,
er spielt sich auf als großer Herr
und warnt das Wild mit schrillem Zerr.
Und wenn der Winter einwärts zieht,
dann schmettert er ein Vogellied,
das Wetter macht ihm gar nichts aus,
er fühlt sich wohl im Kugelhaus.
Wenn's noch so heftig stürmt und
schneit,
er setzt sich durch zur Winterszeit,
und keiner ihm die Ahnung nimmt:
Das nächste Frühjahr kommt bestimmt.